Zu welchem und zu wessen Nutzen? Dies zu fragen ist, zumindest für sauber arbeitende Historiker, die logische Herangehensweise, um sich der Lösung offener Fragen anzunähern.

Drei von vier Gaspipelines sind zerstört. Wer war es? Ein solcher Sabotageakt ist ziemlich aufwändig und somit kommen nur staatliche Akteure in Frage. Auf dem Tisch liegen hauptsächlich zwei Hyphothesen. Im Mainstream zielen die Spekulationen eher auf Russland, andere sehen in den USA die verantwortlichen. Hier eine Übersicht.

Hyphotese 1: Die Amis sind die Saboteure
Sind die Amerikaner technisch dazu in der Lage? Ja. Für die USA bietet sich jede Menge Nutzen. Die Forderung nach der Öffnung von Nord-Stream 2 wurde immer lauter. Jetzt ist die Option weg und die USA bieten ihr teures Frackinggas an. Die Verbindung nach Russland wird größtenteils gekappt. Deutschland, der größten Industrienation Europas, wird der Handlungsspielraum massiv eingeschränkt. Ausserdem gibt es die Drohung Bidens, Nord-Stream im Zweifel auszuschalten. Risikofaktor: Die Menschen in Europa werden stinksauer und streben endlich nach Unabhängigkeit von den Vereinigten Staaten.

Hypothese 2: Es war der Russe!
Dies ist die reflexartige These des Mainstreams. Russland hat wohl die technischen Mittel, aber welchen Nutzen? Verwirrung wird da angeführt. Daraus würde sich wohl folgendes ergeben. Die Russen machen es, um es den USA in die Schuhe zu schieben, weil Hyphotese 1 eben recht plausibel ist. Die Menschen in Europa werden dann stinksauer und streben endlich nach Unabhängigkeit von den vereinigten Staaten. Mal sehen ob das gespielt wird. Abenteuerlich ist schon die These in der WELT, Russland wolle verhindern, dass sich Deutschland das Gas in der Röhre hole.
Der Mainstream wird offenbar immer mehr zum Hort einer Verschwörungsideologie. Alles Böse kommt vom Russen. Da sind wir auch beim extrem hohen Risikofaktor für Russland. Die westliche Propagandamaschine läuft auf Hochtouren und hat oft schon offenbart, wie mächtig sie ist. Die Akteure scheinen sich ihre Erzählungen auch noch selbst zu glauben. Man will ja auch nicht von einem liebgewonnenen Narrativ abweichen. Natürlich wird also mit dem Finger auf Russland gezeigt und der narrativgetreue Reflex rationalisiert. Das Naheliegende wird nach Kräften übersehen. Zum Glück gibt es auch andere Medien. An dieser Stelle sei Jens Bergers Artikel in den Nachdenkseiten empfohlen.

Fest steht jedenfalls, dass US-Außenminister Blinkens Aussage dies sei „offensichtlich nicht im Interesse von irgendjemandem“ absoluter Unsinn ist. Das Chance-Risiko Verhältnis scheint für die USA deutlich besser zu sein, als für Russland. Polens Ex-Verteidigungs- und Außenminister Sikorski hat sich jedenfalls schon mal bei den USA bedankt.

 

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