Das Protestgeschehen in München aus Sicht der Initiative "München-steht-auf"

Wir stehen als Initiative für angemeldeten Protest, nicht für unangemeldeten. Wir fordern diesbezüglich nichts weiter, als dass wir Protestzüge im Freien durchführen können. Mit Auflagen, die umsetzbar und annehmbar sind. Dass eine Infektionsgefahr im Freien so gut wie ausgeschlossen ist, ist allgemein bekannt. Die gefürchtete Omikron-Variante löst trotz enormer Infektionszahlen offensichtlich keine höhere Krankenhausbelegung aus. Dies sehen wir klar in anderen Ländern. Es gibt immer noch keinerlei Belege dafür, dass Großdemonsrationen Superspreading-Ereignisse wären. Im Gegenteil. Trotz unzähliger Demonstrationen seit 2020 nicht.

Die einzig logische Konsequenz aus all diesen Sachverhalten wäre es, einen friedlichen angemeldeten Protest zuzulassen. Der Bedarf dafür ist enorm. Unser Anliegen ist, wie kürzlich zu lesen war, selbst laut dem bayerischen Innenminister ein legitimes. Ein Leben ohne Impfzwang.

Dennoch ist die Stadt München nicht bereit, dem enormen Protestbedarf vieler Mitbürger mit allen möglichen kulturellen Hintergründen etwas anderes anzubieten, als eine stationäre Versammlung auf der Theresienwiese mit härtesten Auflagen. Begründet wird dies mit dem Infektionsschutz.
Diese Begründung ist im Grunde schlicht objektiv nicht haltbar. Dies ist und bleibt aus unserer Sicht nicht akzeptabel.

Wer schon einmal an einer maßnahmenkritischen Demonstration auf der Theresienwiese teilgenommen hat, wird das genauso sehen. Eine riesige leere windgepeitschte Fläche die keiner beachtet. Polizei die ständig den Fluss der Versammlung unterbricht und auf buchstabengetreue Einhaltung teils wahrhaft absurder Auflagen pocht. Der ideale Ort, um Protestierende zu demütigen, unnötiger Weise und ohne jeden wissenschaftlich haltbaren Grund. Nur ein Teil der Menschen kommt dort hin.

In den nun schon vier aufeinanderfolgenden Wochen der Bemühungen der Stadt, den sichtbaren Protest zu verhindern, haben die Menschen ihren Protest unangemeldet, aber sehr warnehmbar in die Innenstadt getragen.
Sie haben sogar gelernt in einer Art zu protestieren, die nicht mehr zu greifen ist und sich wie Wasser dem Zugriff entzieht. Einzeln und in Kleinstgruppen, nicht zu unterscheiden von den anderen Flanierern und Einkäufern ziehen sie durch die Innenstadt. Trillerpfeifen sind omnipräsent, immer wieder Rufe. Mit dem Konzert schenken sich die Leute gegenseitig Mut und es kommt aus allen Richtungen. Schwerlich zuzuordnen. Dazwischen immer wieder Polizeilautsprecher: „Der Infektionsschutz hat höchste Priorität!“ Eine passende Kulisse. Tausend Beamte, die missbraucht werden um die Versammlungsfreiheit zu nehmen, werden unfreiwillig eingebunden in den Protest. Sie führen die Dystopie eines kalten und autoritären Staates vor. Eines Staates, der Widerspruch um jeden Preis unterdrücken will. Die Menschen lassen sich nicht mehr greifen und weichen im Zweifel in die Fläche aus. Ein unkontrollierbares Geschehen.

Es hat sich ein großer Kern aus freien Einzelnen und unabhängigen eigenverantwortlichen Gruppen gebildet, der allen Widrigkeiten zu trotzen weiß und keinerlei übergeordnete Führung braucht. Sie sind sogar in der Lage, die provozierte Eskalation zu vermeiden. Ein Kern, der wohl wieder wachsen wird. Die Menschen wissen, wie es geht. Es hat sich gezeigt dass schon etwa 1000 Regierungskritiker für diese Aufführung der Dystopie reichen. Je mehr das wieder werden, desto beeindruckender die ohnehin schon eindrucksvolle Show.

Ungreifbar sein wie Wasser. Nirgends eskalieren.
Immer wieder aus allen Ecken und insgesamt ständig zu hören.
Dem Zugriff ausweichen und zur Not mehr in die Fläche gehen.
Die Anonymität der Innenstadt nutzen und genau da sein, wo viele Menschen sind.

So scheint die Taktik zu sein, die sich in kürzester Zeit aus den Protestierenden heraus entwickelt hat. Und es reichen schon 1000 unbeugsame Leute dafür

Der Protest hat sich verselbstständigt. Mittwochs und nun auch am Samstag hatten wir eine Versammlung angezeigt. Vielleicht entwickelt sich auch noch etwas Montags. Die Menschen werden in den nächsten Wochen kommen und wohl wieder ihren Protest unignorierbar machen. Der öffentlichen Ordnung dient es dann freilich nicht, wenn dieser Protestbedarf nicht in regulären Bahnen läuft. Die Kosten für den Staat sind dann weiter enorm und betragen ein vielfaches der Kosten einer regulären Demonstration. Die Initiative „München-steht-auf“ ist da außen vor und kann und will dann auch nicht weiter eingreifen. Demonstrationen zu akzeptablen Bedingungen zuzulassen, ist das aus unserer Sicht einzig Sinnvolle.

Um die ausgestreckte Hand noch einmal zu unterstreichen, hat „München-steht-auf“ nun die Kröte geschluckt und ist an einem Samstag auf die Theresienwiese. Eine stationäre Versammlung. Für den Mittwoch ist das jedoch nicht vorgesehen. Es war natürlich keine Rekordzahl an Menschen da. Aber es waren viele, und auch wieder viele, die zum ersten Mal da waren.
Die Einsatzleitung der Polizei hatte nichts auszusetzen. Es gab dieses mal auch keine polizeiliche Störung der Versammlung. Wir haben alle Forderungen der Stadt erfüllt, nun ist es an der anderen Seite, Wort zu halten. Es war die Aussage die wir von der Stadt bekommen hatten, dass sie nach einer reibungslosen Versammlung auf uns zugehen würde.

Wir wollen laufen. Und wir wissen, dass viele Münchner sich ihren Protest ohnehin nicht nehmen lassen. Die Menschen wissen schließlich wie.

Die Initiative „München-steht-auf“