Momentaufnahme eines Landes mit angeblich faschistischer Regierung.

Bei sommerlichen Temperaturen fühlt sich das Land hier ganz anders an als in den letzten Jahren. Die Lebensfreude ist zurück. Ich bin mehrmals im Jahr hier. Die Stimmung war noch mehr von Coronaangst geprägt als in München. Das ist nun endlich vorbei. Italien hat eine neue Regierung. Alle Impfpflichten sind endlich vom Tisch, die Coronazahlen werden nur noch wöchentlich herausgegeben. Interessant ist auch, dass die Obergrenze von Bargeldgeschäften, zuletzt bei 1.000 €, auf 10.000 € erhöht wurde.

In den Städten ist ein lebensfrohes Treiben mit Menschen aller Kulturen. Ich lernte am Markt in Grosseto einen gebürtigen Perser aus Deutschland kennen. Ich brauchte gar nicht viel mit Politik daherkommen, als er mir schon erzählte, dass es ihm reicht mit Deutschland. Er ist selbstständiger Teppichhändler und Restaurator und sieht unser Land, in dem er lange und gerne gelebt und gearbeitet hat, als eine Diktatur, in der der Mittelstand zerstört wird. Er sagt, es fühle sich für ihn jedes Mal an, als würde man einen Nagel in ihn treiben, wenn die Regierungspolitiker Deutschland als Demokratie bezeichnen. Es macht ihn wütend. Meinungsfreiheit sieht er kaum mehr, den Staat empfindet er als übergriffig, die Regierung als arrogant und bevormundend. Er will nun nach Italien weiterziehen. Aber wird uns Meloni nicht als Faschistin verkauft?

Ein Land blüht in neuer Freude auf, ist freundlicher und attraktiver als zuvor. Von Angst vor irgendwelchen Schwarzhemden ist keine Spur. Die Regierung schafft tiefgreifende gruppenbezogene Diskriminierung ab. Diese war für mich, der ich mich doch eigentlich für linksliberal halte, eigentlich früher immer so ein Nazi-Ding, wie naiv von mir. Einen faschistischen Staat, oder auch nur den Beginn eines solchen, habe ich mir sicherlich immer anders vorgestellt.

Ich bin kein Melonifan. Ich halte zum Beispiel nix von ihrer Natoanbiederung. Aber das ist nicht der Punkt. Wenn sich ein Land in dieser Art entwickelt, mit einer Regierung, die als faschistisch diffamiert wird, könnte man glatt auf die irre Idee kommen, dass Faschos Menschenfreunde seien. Wie so oft in den letzten Jahren kommt mir Ignazio Silones Warnung in den Sinn, dass der Faschismus sich das nächste Mal als Antifaschismus kleidet.

Das Wort „Faschismus“ wurde völlig ausgehöhlt. Es ist zum Kampfbegriff geworden, mit dem alles diffamiert wird, was einem politisch nicht in den Kram passt. Was, fragt man sich, geschieht, wenn wirkliche Faschisten aufmarschieren? Wie soll man noch vor denen warnen? Wer soll das dann noch glauben? Der linke Mainstream hat den Rechtsextremismusvorwurf derart missbraucht, dass er unbrauchbar wird. Wir brauchen ihn m.E. als scharfes und präzises Schwert. Nun ist er eine stumpfe Keule, deren Konsistenz immer mehr zu einem Schaumstoffprügel verkommt. Es gilt ja nun schon die Meinung als „räächts“, dass das konventionelle Links-Rechts-Schema nicht mehr funktioniert. Vielleicht ist diese Meinung aber einfach nur einer Entwicklung geschuldet, die seit 2015 immer offener zu Tage kommt. Was sich gegen die Interessen der Konzerne stellt wird als „rechts“ geframed und Sahra Wagenknecht wird immer mehr zur letzten prominenten Linken, die die Werte verteidigt, die mich einst dazu brachten mich als liberalen Linken zu betrachten. Das tiefer zu behandeln, hebe ich mir aber für einen späteren Text auf.

Melchior Ibing

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