Im Angesicht der beständigen Eskalation des Krieges in der Ukraine formt sich endlich, ein Jahr nach Beginn des Krieges, erstarkender lagerübergreifender Protest. Da ist viel Verwirrung zu sehen, man ist mitten in einer Orientierungsphase. Die Querfront der Kriegstreiber reicht von wokelinks, über die grünen Extremisten der Mitte und Meloni, bis zum dritten Weg. Sie steht relativ fest und verzichtet bei dem Thema weitestgehend auf gegenseitige Angriffe. Auch wenn die Beweggründe sich teils unterscheiden, ist dort keine Rede von Kontaktschuld.
Anders leider noch bei denen, die für Frieden einstehen. Wurde die alte Friedensbewegung noch als linksextrem geframed, gilt der Einsatz für den Frieden nun plötzlich als rechts. Das sorgt für Unwohlsein bei vielen, die schon in den Achtzigern für Frieden auf der Straße waren. “Linke” müssen “Rechte” aushalten und andersherum. Sie müssen tolerieren, das heißt aushalten, ertragen, wenn sie gemeinsam eine starke Kraft für den Frieden werden wollen. Wer sich für links hält, wird sich wundern, plötzlich Bundestagsreden aus ganz anderer Richtung zustimmen zu können. Vielleicht macht man sich dann auch mal Gedanken dazu, ob das alte Schema noch etwas taugt. Und wer in den letzten Jahren die Coronaprotestler als rechtsoffene Spinner sah, wird sich schnellst möglich mit dem Gedanken anfreunden müssen, dass es ohne diese “Spinner” nicht geht. Denn sie sind leidgeprüft und gehen standhaft auf die Straße. Sie sind viele und zu geschätzten 90 Prozent für den Frieden. So genannte “Querdenker” andererseits werden ertragen müssen, mit Leuten zu laufen, von denen sie zum Teil vielleicht gar diskriminiert wurden. Das alles ist schwierig und geht für viele an die sprichwörtliche Schmerzgrenze. Nun, wie Volker Pispers einmal sagte, hat Toleranz nichts mit toll finden zu tun.
Man muss wirklich begreifen, am besten verinnerlichen, dass man sich hier lagerübergreifend und themenbezogen zusammentut. Die Distanzierungslitaneien der Postmoderne wird man zwangsläufig aufgeben müssen. Am besten hält man es einfach. “Wir distanzieren uns von politischem Extremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und damit von entsprechendem in jeder Partei”(so hat es München-steht-auf formuliert und so gilt es für das Bündnis MACHT FRIEDEN!). Das würde zum Beispiel eigentlich alles ausreichend umreißen, was es wirklich aus Demokratischem Protest herauszuhalten gilt. Man muss auch den Schmutz aushalten, den beispielsweise Coronamaßnahmenkritiker schon seit Jahren ertragen müssen. Den Rundfunkanstalten und transatlantischen Schreibbuden, von Springer über die SZ bis zur TAZ, mit ihrer Verurteilung von “Rechtsoffenheit”, “AFD-Nähe” und “Putinverstehern”, darf man keine Herrschaft mehr über das eigene Denken, den allgemeinen Diskurs und den Protest auf der Straße lassen. Man darf sich ruhig immer wieder vor Augen führen, dass sie, ganz nach Chomskys “Manufacturing Consent”, die Propagandaorgane der Kriegstreiberquerfront sind. Redet miteinander, streitet respektvoll miteinander, aber steht um Himmels Willen gemeinsam für den Frieden ein. Am besten lässt man die gesamte Palette trennender Symbolik weg und konzentriert sich auf das Verbindende.
Es ist höchste Zeit beim Allzeithit der Mächtigen, “Teile und Herrsche”, nicht mehr mitzuspielen. Ein neues Lied entsteht, klingt noch schüchtern durch die Straßen und hat das Potential, sich zu einer mächtigen Symphonie zu entwickeln. “Vereinigt euch, versammelt euch”, ist es als Flüstern zu vernehmen. Wenn wir dies tun, werden Streicher, Pauken und Trompeten hinzukommen. Wer nun immer noch Angst hat, als “rechts” bezeichnet zu werden, weil er es wagt sich für den Frieden einzusetzen, der wird die Schönheit des Orchesters nicht hören und bitter klagend bereuen, wenn er ins Stahlbad des Krieges geschleudert wird. Nur Mut. Der Frieden braucht uns alle.
Melchior Ibing – Sprecher von München-steht-auf und Koordinator des Bündnisses MACHT FRIEDEN!